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Kinderräder sind Fahrräder kleiner Baugröße mit relativ großer Tretlagerhöhe, Baulänge und Gewicht. Unabhängig der Bezeichnung werden sie multifunktional benutzt. In der Freizeit überwiegt der kurven- und hindernisreiche Kurzstreckeneinsatz mit sportlich- spielerischen Charakter. Die von Kindern zurückgelegten Strecken sind in der Summe häufig beachtlich.
Eine ergonomisch sinnvolle Anordnung des Kurbeltriebs und der Sitzposition beim Fahrrad ist prinzipiell bei den ultrakurzen Beinen der kleinen Fahranfänger gar nicht möglich. Das erste Zweirad ist deshalb zweckmässigerweise der Tretroller (Trottinett). Er ist leichter als ein Fahrrad und hat einen niedrigen Schwerpunkt. Ein- und Abstieg sind sehr leicht möglich. Der Übergang vom kurbeltrieblosen Zweirad zum Fahrrad geschieht normalerweise unfallfrei innerhalb von Minuten.
Ein undefinierbares Wackelgefaehrt mit Stützrädern ist dynamisch kein Zweirad mehr und deswegen ein Lernhindernis.
Kinderräder nach DIN 70110 gelten verkehrsrechtlich als Spielzeuge ähnlich Skateboards oder Inliner. Es handelt sich um unkomplizierte Fahrzeuge mit 12 bis 18"-Raedern, ohne Gangschaltung, meist tiefen Durchstieg und geschlossenen Kettenkasten. Die Sonderrolle dieses meist nicht ernst genommenen Fahrradtyps ist durchaus begruendet: komplexe Verkehrssituationen beanspruchen die voellige Aufmerksamkeit des Kindes. Zusaetzliche Komponenten wie eine Gangschaltung wuerden es nur ablenken. Kinder unter 8 Jahren haben Schwierigkeiten, mehere Bewegungsablaeufe miteinander zu koordinieren.
Das typische Kinderstrassenrad hat eine 20"-Bereifung, besitzt einen Stahlrahmen mit herabgesetzten Durchstieg, eine 3-Gang-Nabenschaltung mit Rücktritt, einen einfachen Klappen-Gepäckträger, Schutzbleche, wiegt etwa 2 kg mehr als ein Spielrad und besitzt eine Lichtanlage. Kinder mit mindestens 8 Jahren dürfen mit einem Kinderstrassenrad Fahrbahn/Radweg benutzen.
gelten als Fahrräder fuer Erwachsene: tatsächlich unterscheiden sich die Dimensionen nur wenig von 26"- und 28"-Fahrrädern.
Kinder benutzen ihre Räder universal. Wenn das MTB das einzige Rad des Kindes ist, muá es normalerweise nachgeruestet werden. Vollgefederte MTBs verschärfen nach derzeitigen Stand der Technik alle Schwachpunkte des Kinderrads: relativ hohe Masse und Tretlagerhöhe, Qualitäts- und Wartungsmängel. Das Teleskopgabelprinzip kann die bei Kinderrädern auftretenen Stöße von vorne nur schlecht aufnehmen.
sind keine Kinderräder.
Bei kleinen Kindern kann das Gewicht des Fahrrads bis zu 70% und mehr des Eigengewichts betragen. Sie können sie nur schwer tragen und über Hindernisse hieven. Das Anfahren am Berg wird für Fahranfänger zum Problem. Das Handling ist eingeschraenkt, weil die große Masse erst beherrscht werden will. Leichte Kinderräder sind sehr selten, weil Eltern normalerweise nicht bereit sind, einen entsprechenden Preis für eine unsichtbares Qualitätsmerkmal zu zahlen.
Merke: Teile, die nicht existieren, können auch nicht kaputt gehen.
Definition: Pedalhöhe = Tretlagerhöhe - Pedallänge.
Sie liegt meistens bei 100...120mm. Niedrigere Werte erhöhen die Gefahr/Behinderung durch Pedalaufsetzer, höhere erschweren eine sinnvolle Beinposition.
Weil die Pedale in Kurven nicht aufsetzen sollen, sind sie bei Kinderrädern nicht oder nur unwesentlich niedriger angebracht als bei Fahrrädern für Erwachsene. Folge: wenn der Sattel ergonomisch hoch genug eingestellt ist, haben Kinder Schwierigkeiten beim Stoppen sich sicher mit den Füßen abzustützen - ein Hindernis beim kindertypischen Fahren mit vielen Stops und Anfahrvorgängen. Rahmen mit tiefen Durchstieg sind deshalb zu bevorzugen, am besten mit Einrohrrahmen: das vorgesetzte Tretlager führt zu einer flachen Sitzposition, die tief genug ist, um bei Stops sicher zu stehen. Trotzdem ist es möglich, daß beim Fahren die Beine auf den Pedalen ausgestreckt werden.
Die empirisch festgestellte optimale Kurbellänge liegt bei 20....22% der Schrittlänge. Weil die Sattelposition tendenziell niedriger ist als bei Erwachsenen, müsste logischerweise die Kurbellänge bei Kindern auch relativ kürzer sein. Das Gegenteil ist der Fall. Beispielsweise sind bei 20"-Kinderrädern die Kurbeln 125mm lang - ausreichend für Kinder durchschnittlicher Größe von knapp 9 Jahren. Folge: der obere Kurbelbereich kann nicht genutzt werden, weil der Knickwinkel oben zu groß wird. Das Problem wird durch 2 Markttendenzen verschärft: 1. Kinderräder mit MTB-Design haben imagegrecht noch längere Kurbeln. 2. Es kommen zunehmend Kinderräder mit sehr niedriger Rahmenhöhe relativ zu der übrigen Dimensionierung auf dem Markt, erkennbar am Verhältnis niedrigste Sattelhöhe zu Raddurchmesser. Bei gleicher Sattelhöhe ist ein grösseres Fahrrad in der Regel ergonomisch ungünstiger.
Nach etwa 2 Jahren reduziert sich der Wiederverkaufswert eines Kinderrads auf die Hälfte des Neuwerts. Bei längeren Gebrauch wird der Wertverlust zunehmend vom Verschleiss bestimmt. Bei mehreren Kindern lohnt sich deshalb in der Regel der Kauf eines neuen Rads. Dagegen kann der Kauf eines gebrauchten (ein Vorbesitzer!) Kinderrads bei einem Einzelkind sinnvoll sein, vorausgesetzt, das beglückte Kind ist von dem Neuerwerb auch begeistert. Attraktivität ist sehr wichtig. Es ist einem Jungen nicht zuzumuten, das pinkfarbene Rad der großen Schwester zu übernehmen. Es gibt keine anatomischen Gründe für ein geschlechtsspezifisches Design. Ein Unisex-Kinderrad erleichtert den Verkauf. Normalerweise liegen Kinderräder auf einen niedrigen Preis- und Qualitaetsniveau. Trotzdem sind die Kosten für Kinderräder nach dem Empfinden der Eltern zu hoch. Sie kaufen Fahrräder "auf Zuwachs", in der Hoffnung, Kosten zu sparen. Verschiedene Hersteller kommen diesen Kaufverhalten leider entgegen, indem sie grössere (und teurere) Raeder mit relativ niedriger Rahmenhöhe anbieten. Sie entsprechen damit dem Ehrgeiz der Kunden, die Grösse mit besserer Qualität und höherer Leistungsfähigkeit gleichsetzen. Die Länge der Sattelstütze ist die einzige Grundlage für die versprochene Nutzungsdauer/Kind gemäß Herstellerangaben. Ergonomie, Anatomie und Konsumwünsche der Kinder sind damit noch lange nicht ausreichend berücksichtigt. Die tiefstmögliche Sattelposition sollte nicht benutzt werden, wenn beim Fahren die Arme zu hoch liegen und die Oberschenkel weit hochgerissen werden müssen. Fast alle als "mitwachsend" bezeichnete KinderFahrräder reduzieren ihren Anspruch auf leicht zu lösende Problemstellungen der Sitzgeometrie und verschweigen die schwierigere, z.B. Kurbellaenge, Gewichtsanpassung und alle dynamischen Faktoren. Allerdings kann eine Verlängerung der Nutzungsdauer/Kind sinnvoll sein, wenn verschiedene Komponenten fehldimensioniert sind. Beispiel: am typischen 20"-Rad sind Getriebeübersetzung und Tretkurbeln zu lang ausgelegt. Mit einem neuen Vorbau und Sattelstütze ausgeruestet, ist es agiler/unruhiger und ergonomisch guenstiger als ein entsprechendes 24"-Fahrrad bei gleicher Sattelhoehe. Wer Qualität gewinnen und trotzdem sparen möchte, kann beim Kinderrad verschiedene Teile austauschen (z.B. Lichtanlage) oder ergänzen (z.B. verstellbarer Vorbau) und sie für das nächste Rad übernehmen.
Die Wirksamkeit von Gangschaltungen wird weit überschätzt. Auch eingewiesene Kinder benutzen sie häufig überhaupt nicht oder spielerisch-experimentell. Kinder gewöhnen sich frühzeitig an, zu schwere Gänge mit niedrigen Freqenzen zu fahren: im Mittel sind die Getriebeübersetzungen zu lang übersetzt. Kettengangschaltungen besitzen in der Regel mehere Kettenblätter: 18 bis 27 Gänge verwirren Kinder. Außerdem entfällt der Kettenschutz. Als wichtigste Instrument zur Leistungssteigerung erweist sich der häufige Gebrauch der Luftpumpe. Zu gemeinsamen Ausflügen mit Erwachsenen: die körperliche Ausdauer von Kindern ist erstaunlich, die Motivation bei wenig Abwechslung beträchtlich niedriger.
Die Sicherheit des Radfahrers beruht in erster Linie auf seiner Fähigkeit, auf die unterschiedlichsten (Verkehrs-) sitiuationen schnell und flexibel zu reagieren. Fahrpraxis und regelmässige Schulung des Kindes sind die wichtigsten Voraussetzungen zum sicheren Fahren. Die Belehrung sollte nicht den Schulen (ADAC, Deutsche Verkehrwacht) überlassen bleiben: Kenntnis der Verkehrsregeln und die Ausstattung des Fahrrads werden gern überschaetzt.
Die Zahl schwerer Radunfälle bei Kindern entspricht dem Durchschnitt. Dagegen signalisieren zusätzliche Ausrüstungsgegenstaende (Helm, meterlange Wimpel), daß Kinderradfahren sehr gefährlich ist. Eine kurvenreiche Fahrweise von Kindern beruht auf niedrige Geschwindigkeit, Ablenkung und Spiel - und nicht auf reduzierter Fähigkeit, die Gleichgewicht auf dem Fahrrad zu halten. Sie sind dafür auch nicht anatomisch benachteiligt. Andererseits braucht es einen langen Lernprozeß bis etwa zum 12. Lebensjahr, bis sie sich verkehrsgerecht sicher bewegen.
http://0x1a.de/rec/fahrrad/faq/technik/radtypen/kinderraeder/index.html
Ralf Stein-Cadenbach
Email: steincad@web.de
1.0 2003-08-23